Ich war wieder da. In der Elbphilharmonie. Dreimal sogar schon inzwischen.
Zuerst beim Harbour Front Literaturfestival am 12. September 2020, auf den Tag genau sechs Monate nach dem letzten regulären Konzert im Großen Saal vor der coronabedingten Schließung. Vorgestellt wurde Literatur aus Luxemburg. Ich gestehe, ich war ungefähr zu gleichen Teilen wegen Saša Stansišić (Moderation) und Pascal Schumacher (musikalische Untermalung – neues Album!) dort.
Die Texte von Elise Schmit und Nora Wagener haben mir dann aber auch gut gefallen.
Der Saal soll nominell ausverkauft gewesen sein, was nach den derzeitigen Regeln 620 zu besetzende Plätze bedeutet. Die waren allerdings bei weitem nicht gefüllt. Schade.
Bei den Philharmonikern (am 28. September) bot sich ein anderes Bild. Der reguläre Spielbetrieb soll erst ab Januar wieder starten. Als Abonnentin profitierte ich jedoch von einem Vorbestellrecht für diverse Ersatzvorstellungen mit geändertem Programm. Anders wäre ich wohl auch nicht in das alternative 1. Philharmonische Konzert gekommen. Nicht zwingend der Nachfrage, sondern der Saalplanproblematik wegen. Den Hindemith fand ich toll, den Schubert großartig. Nur mit Mahlers „Liedern eines fahrenden Gesellen“ fremdelte ich. Kunstlieder sind generell nicht so meins (abgesehen von der „Winterreise“).
Es ist ja nicht alles schlecht an der neuen Normalität. Das in reduzierter Besetzung auftretende Orchester ist rund um den Dirigenten platziert (was den Sitzen hinter der Bühne eine völlig neue Qualität verleiht), es stehen mehr Konzerttermine zur Auswahl, weniger Zuschauer produzieren weniger Störgeräusche, kein Gedränge auf den halsbrecherisch konstruierten Treppen beim Verlassen des Konzertsaals, der Foyers und des Gebäudes und nicht zuletzt bekommt man Werke und Besetzungsvarianten zu hören, die unter regulären Umständen hinter monumentaleren Stücken und Versionen zurückbleiben. Und was die Chancen für „Kultur-Singles“ betrifft: Die bessern sich ab November. Laut einer Meldung des Hamburger Abendblatts in der Ausgabe vom 26./27. September 2020 hat die Elbphilharmonie den Corona-Saalplan überarbeitet. Der verstärkten Nachfrage nach Einzelplätzen wegen.
Ich schaffte es dennoch schon in das erste „Blind Date“ der Saison am 2. Oktober – mirakulöserweise standen beim Buchungsversuch plötzlich doch ein paar Einzelplätze im Kleinen Saal zur Verfügung. „Spark – die klassische Band“ nannte sich das aufspielende Ensemble, bestehend aus Cello, Geige/Bratsche, Blockflöte, Harmonika und Klavier. Je bearbeiteter und „eigener“, desto besser gefielen mir die Stücke des Programms „On the Dancefloor“. Mein Favorit: der Chambertechno gleichen Namens.
Es gab ein paar Momente, in denen mir der Gedanke „Uhhhh – zu viel, zu dick aufgetragen – weniger ist mehr!“ durch den Kopf schoss. Bezogen sowohl auf die Arrangements als auch auf die Präsentation. Das fällt allerdings unter Meckern auf hohem Niveau.
Heißer Tipp für den Besuch des Kleinen Saals bei reduzierter Auslastung: eine Bekleidungsschicht mehr einplanen. Die Klimatechnik ist offenbar noch auf „voll besetzt“ ausgerichtet.
Allein, so geht es letztlich allen. Es renkt sich so zurecht, man tastet sich vorwärts, Schritt für Schritt, Tag für Tag, die aktuellen Entwicklungen immer im Blick. Jedenfalls habe ich mich zu jedem Zeitpunkt sicher gefühlt in der Elphi. Und war sehr froh, endlich wieder dort sein zu dürfen.