Ich stehe am Brunnen der Michelwiese und lausche mit einem halben Ohr der englischsprachigen Stadtführung. Im Sommer sitzen oft zwanzig Leute und mehr auf den Stufen unter den Bäumen und der Guide erzählt Störtebekers Ende als Mitmachtheater. Heute sind es immerhin noch drei Zuhörer, aber die Führung findet im Stehen statt, des feuchten Untergrunds wegen.
Der Sturm der letzten Tage hat das Weinlaub abgeräumt und die Trauben freigelegt. Auf der Wiese sitzt jetzt niemand mehr, die Mittagspäusler hasten mit hochgezogenen Krägen über den Platz und die Gassigeher halten ihre Hunde kurz.
Ich gehe ganz langsam einmal um den stillgelegten Brunnen herum und denke: Frühling, Sommer, Herbst & Winter.
Die Gehörgänge sind gut frei geblasen jetzt und es war mir darüber hinaus eine ganz besondere Freude, der Dame (!) am Licht bei ihrer Arbeit zuzusehen.
Wirklich nichts, aber auch gar nichts gegen Kampnagel, aber: David Augusts „Prolog“ ist definitiv kein Sitzkonzert. Das klappte zwar seinerzeit im Planetarium, aber da gab’s ja auch Sterne dazu. Ohne visuelle Ablenkung hingegen gehen diese Töne direkt ins Tanzzentrum und deswegen wären ein paar Stuhlreihen weniger in der K6 heute Abend wohl ganz sinnvoll gewesen.
Wobei diesem Mann und seinem Ensemble zuzuhören auch spannend ist. Es soll ja sogar Menschen geben, die beides zugleich können!
Mein Start in den Lambert-Konzertabend war etwas holprig, flatterte mir doch das schon vor Wochen erworbene Ticket auf dem Hinweg per Fahrrad aus der Manteltasche. Aber alles wurde gut, denn Internet ist super und Kampnagel sowieso.
Zur Hauptsache: Ich hatte mich auf überwiegend zartleise Klaviermusik in einer tendenziell mysteriösen Atmosphäre eingestellt. Womit ich nicht gerechnet hatte: vier große Spielkinder, eine Tuba – überhaupt, Bläser! – und viel Gelächter. Das war im besten Sinne unterhaltsam, gerade auch musikalisch.
Und morgen spiele ich ein paar Dutzend „H“s, den Aufruf des Bundesamts für Notenschutz zu unterstützen.
Während der Reise habe ich insgesamt vier Schwarzbären gesehen, einen davon in der Nähe einer Bushaltestelle in Whistler, keine 50m Luftlinie von uns entfernt. Das fand ich zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, aber es wurde schnell klar, dass der junge Mann ausschließlich an Fressbarem interessiert war und Menschen ganz offensichtlich nicht auf seinem Speiseplan standen.
Für Schlagzeilen sorgte allerdings vor ein paar Jahren ein Exemplar, welches am helllichten Tag zwischen den Müllcontainern des (deutschen! So richtig mit Käthe Wohlfahrt und allem!) Vancouver Christmas Market in Downtown Vancouver auftauchte.
Dagegen sind die Wildschweinsichtungen in der Hamburger Innenstadt dann doch vergleichsweise unspektakulär.
Ich habe in Vancouver insgesamt vier Pianos on the Street gefunden und auf zweien gespielt. Was für eine wunderbare Aktion!
Auf dem Klavier an der Science World spielte ich „Ambre“ von Nils Frahm. Einer der beiden Männer, die dort mit den klassischen braunen Papiertüten in der Hand herumsaßen, rief: „I know this tune!“, woraufhin ich spontan erwiderte: „Oh no, you don’t.“ Das tut mir jetzt leid, denn alles, was er wollte, war, dass ich weiterspiele („Carry on! Carry on!“).
Den Umgang mit dankbarem Publikum muss ich wohl erst noch lernen.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie sehr ich vor gut zehn Jahren schmunzeln musste, als ich in meinem ersten Hamburger Mietvertrag den Satz: „Es ist verboten, Möwen zu füttern“ las; wurden doch bei den Binnen-Standardmietverträgen an dieser Stelle stets ausschließlich Tauben gelistet. „Die weißen Tauben sind Möwen“, dachte ich seinerzeit amüsiert, „du ziehst nach Hamburg. Eindeutig.“
Wie sehr Verbote regional abweichen können zeigen meine beiden auf der Reise entdeckten Lieblingsschilder – mit Texten, die es so in Hamburg (noch?) nicht zu lesen gibt.
Das Vancouver Aquarium betreibt ein Projekt namens „Ocean Wise“, welches Fisch und Fischprodukte aus nachhaltiger Fischerei klassifiziert – und zwar wirklich & wahrhaftig nachhaltiger Fischerei, nicht so etwas Halbherziges wie beispielsweise die Kriterien des auch in Deutschland verbreiteten MSC-Siegels. Viele Restaurants, Bistros und Fischfachgeschäfte in Vancouver und anderen Teilen des Landes sind mittlerweile angeschlossen. Man kann somit bedenkenlos jedes Fischgericht essen, das das Label „Ocean Wise“ trägt.
Eines der teilnehmenden Geschäfte ist „The Fish Counter“ auf der Main Street in Vancouver. Der Laden ist schlicht zum Niederknien. Man möchte die kleine Bistrokarte rauf- & runteressen und außerdem Sämtliches kaufen, was an frischen Fisch, hausgemachten Saucen und sonstigen Spezereien in der Theke und den Regalen liegt. Und wenn eine Sorte Fisch dabei ist, bei der du nicht weißt, wie man sie am besten zubereitet, dann erzählen sie es dir. Großartig.
Nun ist die Stadt aber auch, so lernte ich im Museum of Vancouver, eine (ehemalige) Hippie-Metropole. Greenpeace wurde hier gegründet und man muss quasi schon aus Tradition immer damit rechnen, dass irgendwo gegen irgendwas protestiert wird.
Fish are Friends
Zugegeben, wer strikt dagegen ist, dass Tiere getötet werden, den wird auch das „Ocean Wise“-Programm nicht überzeugen können. But „The Fish Counter“, of all places? Eines der ökologisch korrektesten Fischfachgeschäfte der Stadt? Seriously, protesters? Gibt es da wirklich keine wichtigeren Feinde?
Der Zeiss-Projektor des H.R. MacMillan Space Centre heißt „Harold“ und ist seit 2013 in Rente. Es wird inzwischen rein digital projiziert, was eher so eine mittelprächtige Idee ist. Aber schöne Musikauswahl, ich erkannte ein Stück aus „American Beauty“ von Thomas Newman und weitere Filmmusik.
Die Lasershows im Planetarium des Centre wurden schon vor etwas mehr als drei Jahren eingestellt, unter anderem deswegen, weil zu viele Leute sich das Spektakel vorzugsweise unter Drogen reinziehen wollten. Ein interessanter Ansatz, wenn auch vermutlich keine sehr gute Idee zur Erschließung neuer Zielgruppen für das Planetarium Hamburg. Ähem.
Jedenfalls: Sehr schade, denn ich hätte mir „Dark Side of the Moon“ gerne in der Vancouver-Version angesehen.
Wie fast jede Webseite benutzt auch das Susammelsurium einige Cookies. Wer weiterliest, erklärt sich damit einverstanden.Jaja.Datenschutzerklärung