Da ist noch von der Keimzelle meiner Gipfelflucht nach Lübeck zu berichten: das Konzert unter der Überschrift „Avital & Hauschka“ in der Rotunde der Musik- und Kongresshalle (MuK).
Zwei Gründe gab es für diese Wahl: Ich sah und hörte Avi Avital bereits bei der Vorstellung des SHMF-Programms der laufenden Saison in Hamburg und bekam dabei Lust auf mehr. Außerdem hatte ich Volker Bertelmann aka Hauschka, dessen Musik mir zuvor schon ein paar Mal in diversen Compilations und durch den Spotify-Algorithmus ins Ohr geraten war, bisher noch nicht live erlebt. Abgesehen davon reizte mich die Kombination „Mandolinist trifft Klavierverfremder“.
Gar nicht auf dem Schirm hatte ich dabei das vision string quartet, das – überraschenderweise, so zumindest für mich – einen Großteil des Abends bestritt. Der Seitenblick ins Programmheft der Sitznachbarin verriet mir, daß Avi Avital und Hauschka tatsächlich nur für die Dauer eines Stücks leibhaftig aufeinandertreffen würden. Meine anfängliche Enttäuschung legte sich aber rasch, als Avital und die Streicher das erste Stück anstimmten: „Cymbeline“ für Mandoline und Streichquartett von David Bruce. Sowohl die Komposition als auch die vier mir bis dato unbekannten Musiker überzeugten auf Anhieb.
Dieser Eindruck verstärkte sich im weiteren Verlauf. Anders als im Programm vorgesehen wurde das Streichquartett Nr. 1 von Alberto Ginastera gegeben. Für mich kein Verlust, denn ich kannte weder dieses noch die ursprünglich angesetzten „Fünf Stücke für Streichquartett“ von Erwin Schulhoff. Die vier Sätze wurden durch die Pause geteilt – eine unglückliche Entscheidung. Unabhängig davon mochte ich es sehr. Noch eine Neuentdeckung! Die zwei Auftragswerke „Flood“ und „Draught“ von Hauschka für Mandoline und Streichquartett wurden ganz zum Schluss präsentiert, was auch dramaturgisch wunderbar passte.
Der Komponist als Musiker hatte es dagegen sowohl mit seiner Solo-Klavierimprovisation als auch im Zusammenspiel mit Avi Avital nicht ganz so leicht. Die Technik und die Akustik der Rotunde passten nicht optimal zusammen, das Publikum reagierte norddeutsch-spröde. Überhaupt schien mir die Mehrzahl der Anwesenden eher an dem gesellschaftlichen Ereignis Schleswig-Holstein Musik Festival als an der aufgeführten Musik interessiert zu sein. Einige verließen vorzeitig den Saal, nicht wenige Menschen schafften es nicht rechtzeitig zu Beginn des zweiten Teils auf ihre Plätze zurück und das Interesse an der Zugabe hätte ruhig größer ausfallen dürfen. Kein schöner Eindruck.
Ein wenig erstaunt hat mich auch, dass erst auf Veranlassung einer Zuhörerin hin das störende Gebläse abgeschaltet wurde. Schließlich war es nicht die erste Veranstaltung dieser Art an diesem Ort. Da sollte man doch meinen, dass gewisse Erfahrungswerte vorhanden sind.
In meinen Augen (und Ohren) war es trotz der ein oder anderen kleinen Unwucht im Gesamtablauf ein gelungener Konzertabend. Das Lübecker Konzertpublikum aber, so scheint es mir, ist wohl noch nicht bereit für Hauschka. Vielleicht ist es aber auch schlicht nicht sonderlich experimentierfreudig. Schade eigentlich.