Als ich im Februar dieses Jahres zum ersten Mal bei HAM.LIT – Lange Nacht junger Literatur und Musik war, hinterließ der formatbedingt leider recht kurze Auftritt von Enno Bunger bei mir einen nachhaltigen Eindruck. Ich verliebte mich augenblicklich in „Neonlicht“, solo am Tasteninstrument, fremdelte dann aber mit der beatlastigen Albumversion. Überhaupt stellte ich beim flüchtigen Durchhören der Tonträger auf Spotify schnell fest: Enno Bunger, das ist einer von den Livemenschen. Einer, den man immer wieder im Konzert hören will, weil auf der (Studio-)Konserve – so schön sie auch ist – irgendwie etwas fehlt. Ein Grund, warum ich mir sehr bald nach der Ankündigung eine Karte für das gestrige Konzert auf Kampnagel sicherte.
Da saß ich dann, latent kopfschmerzig und etwas zerstört durch eine aus unspezifischen Gründen schlafarme Nacht zuvor, und freute mich, dass das Programm genau das erfüllte, was der Titel „Herzen auf links – auf die leise Tour“ versprach. Wenn meinem Sprachempfinden auch bei der ein oder anderen Textstelle ein leises Ächzen entfuhr, so wurde das musikalisch-atmosphärisch mehr als ausgeglichen. Wozu auch der spar-, aber wirksame Einsatz von Lichteffekten beitrug. Schade nur, dass die Kampnagel’sche Diskokugel in der K6 klemmte – ein langsames, gleichmäßiges Rotieren bei „Ich möchte noch bleiben, die Nacht ist noch jung“ hätte den auch so schon reichlich vorhandenen Gänsehautfaktor wohl nochmal um mindestens eine halbe Stufe erhöht.
Als Sahnehäubchen gab es „Bleib bei mir“, ein Element of Crime-Cover, sowie als erste Zugabe eine komplett unverstärkte Version von „Heimlich“ mit Akkordeonbegleitung und Trompeteneinlage. Dieses spezielle Vergnügen wurde nur dadurch geschmälert, dass schräg links hinter mir eine Dame den gesamten Song mitsang und dabei bedauerlicherweise nicht einen einzigen Teil der Melodielinie auch nur näherungsweise traf. Aber das muß man wohl zu den Risiken und Nebenwirkungen des Konzertbesuchs zählen. Und: Anlässlich der Tour wurden die Live-Akustik-Versionen von 5 Titeln als EP („Herzen auf links“) veröffentlicht. Somit habe ich meine Lieblingsversion von „Neonlicht“ jetzt auch zum Nachhören.
Alles richtig gemacht, Herr Bunger. Beim nächsten Mal bin ich wieder dabei.