Schon bei den ersten Takten, die ich Lubomyr Melnyk spielen hörte – das kam über Spotify oder den Erased Tapes-Newsletter, ich weiß es nicht mehr genau -, war mir klar: Den Mann muss ich live erleben. Das ist die Art Musik, die in aufgezeichneter Form gar nicht vollständig zu erfassen ist.
Seine Klaviertechnik hat Lubomyr Melnyk „Continuous Music“ genannt. Nach eigener Angabe ist er der einzige, der diesen Stil beherrscht. Das ist vor allem eine Frage der Physis und des Trainings: Mit bis zu 19 1/2 Anschlägen in der Sekunde erzeugt Melnyk auf dem Klavier einen Klangteppich, dessen hypnotischer Wirkung sich kaum jemand entziehen kann, der ein Ohr für solches hat. Besonders wichtig ist ihm dabei, dass diese Kompositionen untrennbar verbunden sind mit dem Klang, der „Stimme“ des Klaviers. Er betont in seinen Ausführungen darüber hinaus stets die Authentizität des Livespiels.
Dazu passte weniger, dass ein Großteil der Stücke des Konzertprogramms heute Abend im resonanzraum für zwei Klaviere konzipiert und eine der beiden Klavierstimmen jeweils vor dem Konzert aufgenommen worden waren. Lubomyr Melnyk hat also gewissermaßen mit sich selbst gespielt. Etwas, was ich bei anderen Musikstilen durchaus noch als „live“ bezeichnen würde, aber bei der „Continuous Music“ ging die Rechnung für mich leider nicht ganz auf.
Dennoch: faszinierender Typ, faszinierende Musik! Und im sehr gut gefüllten resonanzraum waren beide perfekt aufgehoben.